Seit etwa sechs Jahren ist der 32-jährige Christoph Müller – der sich selbst als Fotonerd bezeichnet – in Schwerin und Umgebung als Fotograf unterwegs. Mit ihm habe ich mich getroffen, um meine ersten Autorenfotos zu machen. Da ich sie Euch noch nicht zeigen kann, habe ich in der Zwischenzeit ein Interview mit ihm vorbereitet, um die Wartezeit zu verkürzen

Hanna: Wie kamst du zur Fotografie?

Christoph: Ich bin gelernter Mediengestalter, da bearbeite ich viele Bilder, die ich vorher heraussuche. Irgendwann habe ich selbst ein Foto gemacht und fand das cool. Dann hab ich mal ein Blatt fotografiert, dort eine Ente und irgendwann Menschen. Wie man halt so reinstolpert. Du fotografierst immer erst Freunde, Familie und irgendwann wird es größer.

Du fotografierst immer erst Freunde, Familie und irgendwann wird es größer.

Hanna: Hast du dich gleich mit der Technik auseinandergesetzt?

Christoph: Die Technik war mir anfangs relativ egal – auch wenn ich Technik spannend finde. Ich wollte lieber mit Photoshop, das Bild so hinkriegen, wie ich es vor dem inneren Auge sehe. Ich habe einfach drauf losgeschossen und mir hinterher das Foto zusammengeknetet.

Irgendwann habe ich gemerkt, wie ein Foto aussehen muss, damit ich hinterher keinen großen Aufwand habe. Das macht die Fotografie ja aus. Es ist ein „Malen mit Licht“.

Dann beschäftigt man sich mit den äußeren Umständen, den Tageszeiten, dem Sonnenaufgang. Das hat mich vorher nicht interessiert.

Hanna: Was fotografierst du am liebsten? Tiere, Menschen oder Natur?

Christoph: Menschen. Darauf habe ich mich spezialisiert. Da ging es mir um Emotionen, die jeder einfangen will. Aber mittlerweile möchte ich Menschen bei ihren Tätigkeiten, bei ihrer Arbeit fotografieren. Es macht mir Spaß zu sehen, wie sie glücklich sind, mit dem was sie tun.

Hanna: Hast du Lieblingsmotive? Oder gibt es eine Arbeit, die man am besten darstellen kann?

Christoph: Handwerk macht am meisten Spaß. Ich war schon bei einem Grabsteinmetz. Das fand ich richtig cool. Er hat mir einen riesigen Stein vorgesetzt und hat da rumgeklöppelt, gesägt und geschliffen, bis Funken geflogen sind. Das war schon sehr geil.

Tatsächlich mache ich die meisten Fotos eher von Zahnarztpraxen und IT-Unternehmen.

Hanna: Deine Seite sieht ja so aus, als wenn du dich eher auf Models spezialisierst.

Christoph: Ja, man sucht sich Menschen, die Fotogenität ausstrahlen, um neue Kunden zu gewinnen. Das ist ja kein Geheimnis. Ich habe Leute gesucht, die sich sicher und wohl vor der Kamera fühlen. Das sind oft attraktive Leute.

Hanna: Kennst Du beim fotografieren magische Momente?

Christoph: Krasse Frage. Ja, es gab schon zwei, drei Momente, wo ich genau das Foto bekommen habe, was ich wollte. Wenn das funktioniert, ist das geil.

Hanna: Was war für dich das ungewöhnlichste Shooting?

Christoph: Ich habe bei einer Hochzeit mal etwas ganz Peinliches erlebt. Das bleibt mir für immer im Gedächtnis. Gruppenfotos sind nie so einfach. Ich habe die Gruppe positioniert und dann frage ich immer: „Können mich alle sehen?“ Und da hat eine Frau die Hand gehoben… Sie war blind. Das war mir so unangenehm. (lacht) Ich hab mich entschuldigt. Aber die Leute haben auch gelacht.

Hanna: Du hast ja so einen elegant, düsteren Stil, oder wie würdest Du ihn beschreiben? Ist das etwas, was sich entwickelt hat?

Christoph: Ich würde edgy-moody sagen. Das hat sich über die Jahre entwickelt. Nicht nur bei mir, sondern auch in der Szene. Es gibt Fotografen, die machen viel mehr Korn drauf, noch mehr Unschärfe. Ich mag es aber lieber, wenn das Model klar im Fokus ist. Die Augen müssen mich fangen. Deswegen sind meine Bilder eher düster, weil ich die Ecken stark abdunkle. Damit der Fokus in die Mitte geht, wo meist die Augen sind. Und die Farbstimmung mache ich halt so, wie es gerade passt.

Die Augen müssen mich fangen.

Hanna: Hast du schonmal ein Fotoshooting abgebrochen?

Christoph: Nein, aber ich habe schon Shootings mit einem schlechten Bauchgefühl verlassen, wenn ich mich mit den Leuten nicht verstanden habe. Danach war der Kontakt einfach weg. Ich habe denen ein Foto geschickt und sie haben öfter nachgefragt. Es war teilweise sehr unverschämt, weil es ein TFP-Shooting war.

Hanna: Was bedeutet TFP?

Christoph: Das heißt „time for print“. Dienstleistung gegen Dienstleistung. Also ich mache Fotos für Referenzen.

Hanna: Du meinst also, es muss auch hinter der Kamera stimmen?

Christoph: Gerade in dieser Fotographie-Szene ist Smalltalk ganz wichtig. Auch wenn ich mir das erst antrainieren musste. Ich finde Smalltalk eigentlich richtig lame. Aber es ist schon cool, wenn man über das Wetter redet und lachen muss. Die Stimmung wird lockerer. Deswegen biete ich bei Hochzeiten allen das Du an. Denn wenn sie sagen „Herr Fotograf“ oder „Herr Müller, können Sie bitte ein Foto von uns machen“, dann gucken die Leute steif in die Kamera. Ganz anders, wenn sie dann rufen „Ey, Christoph. Komm mal rüber.“ Da hat man ein ganz anderes Foto.

Gerade in dieser Fotographie-Szene ist Smalltalk ganz wichtig.

Hanna: Wie hast du die besten Fotos bekommen? Gestellt oder aus der Situation heraus?

Christoph: Ich wüsste nicht mal, was mein bestes Foto ist. Das ist schwierig. Ich würde aber tatsächlich sagen: Das Gestellte. Weil ich mir das Motiv so angewiesen habe, wie ich es wollte.

Hanna: Danke, wollen wir weitermachen?

Christoph: Ja, klar!

Cookie Consent mit Real Cookie Banner