Als ich klein war konnte ich mich nie entscheiden, was ich werden wollte. Einen Weg zu gehen, bedeutet schließlich, all den anderen Möglichkeiten die Tür vor der Nase zuzuknallen.

Mit sechs Jahren fand ich die Antwort: Ich wollte Schauspielerin werden, dann könnte ich ja all diese Berufe spielen … Immerhin zehn Jahre hat es gebraucht, bis man mir diese Idee ausgeredet hat. Ich sollte doch etwas Vernünftiges machen. Ein paar Jahre habe ich das versucht. Nun bin ich Autorin und mache lustige Videos im Internet. Ich bezweifle, dass meine Mutter diesen Traum vernünftiger findet.

Johanna hat ein Kleid an und guckt unglücklich drein. Der Grund: Sie hat eine Winterjacke zum Sommer-Geburtstag bekommen

Was bin ich und wenn ja, wie viele

Die erste Frage, die ich mir stelle, bevor hier etwas anderes stehen kann, ist die Frage nach dem „Was“.

Denn was bin ich eigentlich? Wer bin ich?

Wir alle sind mehr als unsere Profession und sogar noch mehr, als wir in einem Text zeigen können.

Ich bin Autorin, ich bin Journalistin, ich bin Lektorin, ich bin Autorencoach mit Schwerpunkt Instagram, ich bin Podcasterin, ich bin Mutter zweier Söhne, ich bin Ehefrau, ich bin Tochter, ich bin Schwester, ich bin Quasselkopp, ich bin Nordlicht, ich bin Ulknudel.

Ich könnte diese Aufzählung noch auf so viele andere Dinge erweitern, aber heute konzentriere ich mich nur auf den ersten Punkt.

Ich bin Autorin

Es hat lange gedauert, bis ich das so frei sagen und schreiben konnte. Auch wenn ich schon immer Autorin war.

Mit dem ersten selbstverfassten Gedanken wurde ich Autorin. Ich wusste es nur noch nicht.

Johanna liegt auf der Wiese

Mein erstes Gedicht mit 11 Jahren

Diesen ersten Gedanken habe ich mit elf Jahren festgehalten. Es war mein erstes Gedicht.

Wir waren gerade aufs Dorf gezogen. Als Kind war ich schon der laute Freigeist, der ich heute (wieder) bin. Ich bin durch die neue Küche getobt und habe meine Mutter unterhalten. Mit dramatischen Gesten und sehr theatralisch begann ich: „Ich freute mich, o holde Maid, dass ich nicht verfallen bin dem Neid“.

So habe ich im Stehgreif eine Geschichte gedichtet, die ich aufgeschrieben und verfeinert habe. Ich muss noch immer schmunzeln, wenn ich sie heute lese.

Johanna vor ihrem Geburtstagstisch

Dramatische Gedichte in der Schulzeit

Ich habe viele Gedichte danach noch geschrieben und sie wurden immer dramatischer in meiner Jugend. Es war die Emozeit, ich war ständig unglücklich verliebt und habe meine düsteren Gedanken zu Papier gebracht. Sätze wie „Meinen Schmerz im Schmerz vergessen“ landeten in meinen Notizbüchern, aufgeschrieben mit festaufgedrückten, schwarzen Fineliner-Linien. Manchmal weiß ich allerdings nicht, wie ernst ich manches gemeint habe und wo ich auch einfach nur mit dieser Dunkelheit kokettiert habe.

Doch ich mochte meine Texte, auch wenn ich sie niemanden gezeigt habe. Auf ein Gedicht namens „Wind“ war ich besonders stolz und reichte es bei einem Literaturwettbewerb für junge Autoren ein. Ich wurde abgelehnt und war am Boden zerstört. Ich hörte mit dem Schreiben auf – zumindest mit dem Schreiben von Gedichten.

Johanna mit roten Haaren und Mikro in der Hand

„Man merkt, dass sie schreiben können“

Nach der Schule war klar, ich möchte irgendwas mit Sprache machen. Ich studierte Germanistik (und wechselnde Zweitfächer), aber ich war von diesem wissenschaftlichen Schreiben enttäuscht. Sprachlich mochte ich den Teil „Literatur“, aber kam nicht mit „Wissenschaften“ klar.

Allein für ein Seminar, mit einem Dozenten hätte sich jedoch das gesamte Bachelorstudium gelohnt. Er war Gastdozent. Doch er war außerdem Lehrer, Journalist und hatte in einem Verlag gearbeitet. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass der berufliche Weg nicht geradlinig sein muss. Man muss nur irgendwo starten.

Und noch etwas hat mir dieser Dozent gesagt, bei dem wir Literaturkritiken schreiben durften.

„Man merkt, dass sie schreiben können.“ Dieser Satz geht mir heute noch runter wie Öl und hat mein Selbstbewusstsein um mein Schreiben nachhaltig geprägt.

Johanna als Kind mit Telefon in der Hand

Irgendwann schreibe ich mal ein Buch

Meine aufgeschriebenen Worte führten mich zur Zeitung. Ich kam mit einer Idee und wurde gleich für ein Praktikum und dann für eine freie Stelle dort behalten. Ein Volontariat konnte ich nach dem Studium dann bei einer anderen großen Tageszeitung machen.

Ich schrieb und schrieb und schrieb. Jeden Tag ein neues Thema – machmal zwei. Aber es waren selten die Themen, die mich bewegten. Und trotzdem wurde mir bei jedem Gespräch gesagt, ich solle mich auf die harten Themen konzentrieren. Weniger sozial, weniger unterhaltsam, weniger kulturell. Weniger ich.

Versteh mich nicht falsch. Ich habe dort auch viel Spaß gehabt, konnte meine Neugierde ausleben, mit interessanten Menschen sprechen, hinter Kulissen gucken, die sonst verschlossen bleiben und ich habe mich wiedergefunden.

Ich bin der Zeitung in so vielen Dingen dankbar. Aber Dankbarkeit reicht nicht als Grundlage für eine berufliche Beziehung. Nicht auf Dauer.

Das begreife ich erst ganz langsam. Selbst jetzt sind nicht alle Stränge gelöst. Denn der Job ist sicher und meine Selbstständigkeit ist es nicht. Also finde ich momentan eine Möglichkeit, beides in mein Leben zu integrieren.

Auch in den Jahren, in denen ich nach Feierabend keinen Finger mehr auf der Tastatur bewegen konnte, gab es immer dieses Stimmten: Irgendwann schreibe ich ein Buch.

Johanna mit Kinderwunsch im Krankenhaus

Meine Schwangerschaft hat mich aus dem Alltag gerissen

Ich hatte kurz hintereinander zwei sehr schwierige Schwangerschaften, in denen ich nicht viel mehr tun konnte, als herumzuliegen. Gerade bei der ersten habe ich sämtliche Streamingdienste „leer“ geguckt.

Ich konnte nicht mehr. Ich konnte nichts mehr. Ich habe die Wand hinter meinem Bücherregal angestarrt und gewartet das etwas passiert.

Tatsächlich ist etwas passiert. Eine Idee kam vorbei. Die Idee für meinen Debütroman. Was wäre, wenn es eine Welt hinter den Bücherregalen gebe?

Diese Idee hat mein Leben verändert. Die ersten Notizen für das Buch habe ich mir noch in der ersten Schwangerschaft gemacht und dann bis zum Ende der Elternzeit liegen lassen. Als sich dann die Hormone umgestellt haben und nicht nur ausschließlich mein Kind im Mittelpunkt meiner Gedankenwelt stand, habe ich die Seiten hervorgeholt und mich beim Lesen neu in diese Idee verliebt. Mir war klar: Da bleib ich dran.

Johanna schreibt am Computer Geschichten

Das Wort „Ende“ machte mich zur Autorin

Ich wollte nie wieder so tatenlos herumliegen, wie in der ersten Schwangerschaft und so gründete ich den Zeilenschlinger-Podcast und verbiss mich in die Buchbranche wie ein tollwütiger Hund. Mein Kiefer hat sich noch immer nicht entspannt.

In der zweiten Schwangerschaft setzte ich das Wort „Ende“ unter mein Manuskript. Der Moment, in dem ich mich endlich auch offiziell Autorin nennen wollte. Die Überarbeitung (plus Geburt des zweiten Sohnes) hat dann noch ein weiteres halbes Jahr gedauert. Nebenbei ließ ich mich noch zur Lektorin weiterbilden. Und nun geht die Verlagssuche los.

Das wird nicht einfach. Aber warum sollte es das auch. Umso mehr wird es sich lohnen. Warum ich es zuerst bei einem Verlag versuchen will, kannst du in diesem Artikel (Die Gretchenfrage für Autoren: Verlag oder Selfpublishing) lesen.

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